Ein Leben mit chronischer Krankheit ist kein Leben im Bett – und sollte auch kein Leben vor dem Fernseher sein. Es ist „einfach“ nur ein Leben, in dem die Grenzen enger gesetzt sind als bei anderen Menschen und unsere Belastbarkeit oftmals großen Schwankungen unterliegt.
Wenn Menschen über Krankheit sprechen, ist das Ziel immer Heilung. Die Krankheit und ihre Vertreibung stehen im Mittelpunkt, nicht das Leben. Doch unsere Krankheit nimmt nur einen sehr kleinen Teil unserer Zeit in Anspruch: hier und da eine Behandlung oder eine Untersuchung – immer einmal wieder das vorsichtige Austesten von neuen Heilansätzen. Das sind sehr wenige Stunden in der Woche. Und den Rest der Zeit? … wollen wir soviel Normalität wie möglich und dazu gehört es auch, sich im Rahmen von Arbeit einbringen zu können.
Vielleicht können wir nicht verlässlich 40 Stunden in der Woche erscheinen, doch selbst unter 15 Stunden (offiziell nicht mehr arbeitsfähig) lässt sich sehr viel erreichen. Und dank Digitalität spricht weder etwas gegen flexible Arbeitszeiten noch gegen einen Arbeitsschwerpunkt zuhause.
Stattdessen landen viele von uns in „Beschäftigungsmaßnahmen“ (in denen Menschen mit einer Arbeitsfähigkeit von unter 15 Stunden 30 Stunden erscheinen müssen) und die qualifiziertesten Menschen arbeiten in Werkstätten – weil sie eben krank sind.
Unsere Krankheit macht uns weder dumm noch zum Kleinkind. Meistens nimmt unsere Expertise noch zu, weil wir viel Zeit haben, nachzudenken und dazu zu lernen. Viele von uns verschweigen ihre Krankheit im Arbeitsumfeld, weil sie dann sehr wohlmeinend rücksichtsvoll und mit viel Mitleid überschüttet plötzlich nicht mehr auf Augenhöhe im Team arbeiten können. Tatsächlich ist es aber so, dass je länger wir mit der Krankheit leben, je mehr haben wir uns abgefunden, teilweise sogar angefreundet. Wir kennen unsere Grenzen oder brauchen Gelegenheiten, sie kennenzulernen.
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